Mein Leben als Sklave

Mein Leben als Sklave

Die Geschichte eines KDV

Musterung und Co. – 16.08.99

Angefangen hat alles im Mai 1977, als ich geboren wurde. Denn ich wurde in der Bundesrepublik Deutschland geboren, in einem Land, in dem die allgemeine Wehrpflicht gilt. Na, was folgt daraus? Genau, ich habe kurz vor dem Abitur diesen tollen Wisch bekommen, der sich Musterungsbescheid oder so nennt. Na gut, bin ich da mal hingegangen, Kreiswehrersatzamt, oder wie hiess der Schuppen? Das war im Januar 1996. War toll, vor allem die Begeisterung in den Augen der Bediensteten, als ich sagte ich wolle verweigern. Da saß ein Mann von der Bundeswehr (wahrscheinlich) und wollte klären, welche Perspektiven man bei der Bundeswehr hat. Der wurde doch recht patzig, als ich ihm meine Absicht unterbreitete, dass ich den Wehrdienst nach § irgendwas GG verweigern wollte. Er gab einem das Gefühl, als sei man der einzige Verweigerer gewesen in der besagten Woche. Aufgrund diverser Allergien, einer chronischen Bronchitis und anderer Beschwerden hatte ich übrigens versucht, mich untauglich schreiben zu lassen, aber irgendwie bekam ich dann zu meiner Überraschung nur den Satz „Sind Sie einverstanden mit T3?“ zu hören….

Ich wurde dann gefragt, ob ich schon einen schriftlichen Verweigerungsantrag gestellt hätte, was ich (wie die meisten zu diesem Zeitpunkt) verneinen musste. Also gab ich einen kleinen Zettel ab, auf dem etwas stand wie „Nach §……. verweigere ich……..“, das übliche eben. Die Untersuchung war übrigens nicht so tragisch, wie einige erzählen, der After beispielsweise wird üblicherweise auch nur kurz angesehen, nicht mit Handschuhen inspiziert….. zumindest bei mir 😉

Der Verweigerungsantrag – 24.08.99

In der Schule hatte ich immer mitbekommen, wie sich einige Schüler die Anträge anderer Schüler ausliehen, um sie so oder ähnlich zu übernehmen. Da ich aus Überzeugung verweigert habe war ich fest entschlossen, einen eigenen Antrag zu schreiben, ohne mir einen geglückten Antrag eines Freundes durchzulesen. Das war ein Fehler. Ich habe dem interessierten Leser die Möglichkeit geboten, sich meinen Antrag durchzulesen (letzte Seite). Ich möchte allerdings davon abraten, ihn als Vorbild für den eigenen Antrag zu benutzen. Ich hörte nämlich erst einmal ein halbes Jahr gar nichts vom BAZ (Bundesamt für den Zivildienst, Köln). Auch telefonisch war das BAZ nicht zu erreichen. Entweder es war besetzt oder es ging niemand an den Hörer. Einmal war ich zum Pförtner durchgekommen, da war ich richtig glücklich. Dieser verband mit weiter….. dann ging niemand dran. Schliesslich erhielt ich irgendwann eine schriftliche Nachricht, mein Antrag sei unvollständig. In einem vorgefertigten Formular war angekreuzt, ich hätte vergessen zu erwähnen, ich würde unter keinen Umständen jemanden töten wollen! Da frag ich mich doch: ist das aus meinem Text nicht ersichtlich geworden? Anstatt die Verweigerer zu belohnen, die aus Überzeugung den Dienst an der Waffe verweigern, wurden mir Steine in den Weg gelegt. Ich schrieb dann einen lächerlichen kurzen Zusatz zu meinem Antrag und wurde daraufhin (und nach einigen Telefonaten) recht schnell anerkannt.

Jobsuche – 08.10.99

Da ich den ganzen Sommer über keine Klarheit hatte, wie es um meinen Antrag steht, hatte ich mich auch noch nicht um eine Dienststelle gekümmert. Als dann die Anerkennung kam war es schon etwas spät. Ich wollte nämlich eigentlich spätestens Anfang September 1996 meinen Dienst beginnen, damit nach den dreizehn Monaten Dienst am 1. Oktober 1997 mein Studium beginnen konnte. Doch erstens kommt es anders…. naja, ich hatte gar keine Ahnung, wo ich suchen sollte, wußte nur ein paar Anlaufstellen. Doch ich wollte auf gar keinen Fall warten, bis ich einberufen und irgendwo an den Arsch der Welt geschickt worden wäre. Also stiefelte ich einfach mal zu zwei Kindertagesstätten, direkt bei meiner Freundin um die Ecke. Beides recht langweilige Jobs, Laub einsammeln, Mobiliar reparieren, Spülen, Kochen, Putzen,… das Problem: beide Stellen haben nur eine Zivi-Stelle. Bei dereinen hätte ich erst ein paar Monate zu spät anfangen können, bei der anderen Anfang November. Die Betreuerinnen fanden mich wohl ganz nett und versuchten mich zu überreden, bei ihnen anzufangen. Sie meinten, ich könne ja meinen Resturlaub an den Schluß legen (den größten Teil des Urlaubs hätte ich in den Ferien nehmen müssen). Außerdem gäbe es doch irgendwie die Möglichkeit, einen oder zwei Monate der Dienstzeit ’stunden‘ zulassen, also verschieben auf irgendwann nach dem Studium oder so. Tolle Idee. Ich hatte ernsthaft überlegt, ob ich es mache, konnte mich aber auch mit der Arbeit nicht anfreunden. Da stieß mich der Vater meiner Freundin darauf, daß um eine andere Ecke ein Altenheim sei. Er ging mit mir da hin, wie Al Capone mit seinem Schützling. Er kannte da jemanden, quatschte mit ihm, ich stand daneben, wie ein Statist. Witzig, ich war immer sehr eigenständig und habe auch später immer die Leute ausgelacht, dessen Mama mit zum Vorstellungsgespräch kam. Naja, auf jeden Fall kam heraus, daß ein Pförtner-Job (mit TV und Kühlschrank) existierte, aber erst ab Ende des Jahres frei wurde. Aber ab Oktober war eine Stelle frei, eine richtig tolle Stelle. Stellen Sie sich einmal die schlimmste Arbeit vor, die man in einem Altenheim machen könnte….
Schließlich kam dann auch noch die Mutter meiner Freundin ins Spiel, die arbeitete für eine Sozialstation im Altenpflege-Bereich, nennen wir diesen eingetragenen Verein einfach einmal FUK. Meine zukünftige Schwiegermutter arbeitete seit einigen Jahren in einer Zweigstelle in einem Vorort der Stadt, in der die FUK beheimatet ist. Also gab sie mir die Telefonnummer der Zweigstelle, wo ich dann anrief. In der Zweigstelle gibt es wohl nur zwei Zivis, jedenfalls war da erstmal nichts frei. Ich bekam aber die Telefonnummer der Hauptstelle, wobei diese eine etwas andere Größenordnung hat als die kleine Zweigstelle. Ich hatte eine Frau H. am Telefon, die Chefin der Abteilung Zivildienst. Wir machten einen Vorstellungstermin aus. Die erste Vorstellung meines Lebens. Ich wußte die Hauptstelle nicht so recht einzuschätzen, da ich sie noch nie gesehen hatte, da es eine Abteilung Zivildienst gab und ich ein offizielles Vorstellungsgespräch hatte. Daß das Gespräch nicht so offiziell war wie ich dachte, konnte ich zu diesem Zeitpunkt ja nicht ahnen.

Einstellung – 09.10.99

Als dann der Tag des Vorstellungsgespräches kam hatte ich mittlerweile Angst, ich könne nicht genommen werden. Denn dann wäre mir noch weniger Zeit geblieben, mir eine Stelle zu suchen. Und bis September hätte ich bestimmt nichts mehr bekommen. Also mußte ich den Job bekommen… obwohl ich gar nicht genau wußte, um was für einen Job es sich handelt. Und so kam es dann, daß ich im Büro der Zivildienst-Abteilung saß und mich mit meiner zukünftigen Chefin unterhielt, die offensichtlich nett aber seltsam war. Ein wenig korpulent, fettiges dünnes Haar, unreine Haut (falls sie das hier lesen sollte: ist nicht böse gemeint ;-), aber fast immer ein nettes Lächeln im Gesicht. Ich erzählte ihr, daß ich eigentlich etwas mit Kindern machen wollte und fragte indirekt, ob etwas entsprechendes existiere. Es war mir egal, ob ich in einem Kindergarten arbeite oder sonst etwas, aber so etwas gibt es bei meiner Arbeitsstelle gar nicht. Meine Chefin sagte, wir hätten genug Arbeit im Umgang mit Kindern, ich müsse nur diesen einen Wisch unterschreiben, eine Einverständniserklärung, daß ich bereit sei, als Zivi in der Individuellen Schwerstbehinderten-Betreuung (ISB) eingesetzt zu werden. Meine Güte, ich dachte mir nichts dabei, auch wenn sich das blöd anhört. Ich unterschrieb diesen Antrag und noch einige andere, wie irgendwelche Versicherungen, daß ich nicht umziehe (und wenn doch muß mir niemand die Miete bezahlen) und ähnliches. Somit war ich dann eingestellt, ich hatte eigentlich gar keine Wahl mehr.

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